10.07.2013

Warum der digitale Mensch sich seine Matrix erschafft

Die durchschnittliche tägliche Internetnutzung hat sich innerhalb von nur 10 Jahren verfünffacht*. Inhalte und Daten entstehen so schnell wie nie zuvor in der Menschheitsgeschichte**. Diese exorbitant hohe Akzepanz des neuen Mediums führt zu der Frage, inwieweit gerade das digitale Medium besondere Bedürfnisse anspricht - Bedürfnisse die von bisherigen Medien nicht oder nur unzureichend abgedeckt wurden. Dient die digitale Mediennutzung gar urmenschlichen Zwecken? Welche Erkenntnisse liefert dazu die Evolutionsforschung?

Es wurde doch schon so vieles geboten: Denken wir nur an die Informationsvielfalt von Printmedien oder den Überfluss an visuellen Reizen im TV. Reicht es da einfach einige "Features" mehr anzubieten, damit Menschen ihre medialen Nutzungsgewohnheiten derart ändern? Nein, die digitale Welt ist viel mehr als nur eine Ansammlung neuer technischer Eigenschaften, die anfangs sogar kaum visuell ansprechend waren. Man könnte sagen es ist ein visuell interaktives Erlebnis bestehend aus Informationen, die nahezu unbegrenzt - dem eigenen Willen folgend - vom Menschen abgerufen werden können. Dabei werden Raum und gewissermassen auch Zeit überwunden.

Die Wissenschaft versucht zu klären, welche Umstände dem modernen Menschen (Homo Sapiens) gegenüber anderen Spezies einen Überlebensvorteil gesichert haben. Auch wenn die Diskussion hier andauert und in viele Richtungen geht, fällt der Blick schnell auf besondere Unterscheidungsmerkmale wie Sprache, Musik und Kunst. Mit diesen Merkmalen lässt sich erklären, wie der Mensch kognitive Fähigkeiten einsetzt, um Ideen zu entwickeln. Ideen und Innovationen ermöglichen es dem Menschen seine Umgebung optimal auszunutzen und damit zu überleben. Dabei reicht es nicht, Ideen zu entwickeln. Erst die menschliche Sprachfähigkeit ermöglicht es, die Ideen zu "übertragen und zu bewahren". So kommen Ideen nicht nur vereinzelt zum Einsatz, sondern kommen wie beispielsweise die Landwirtschaft der ganzen Menschheit zu Gute. Das menschliche Bedürfnis nach sozialer Nähe und Interaktion stellt dabei sicher, dass Kommunikation stattfindet.

"Die Kunst ist einer der ungewöhnlichsten Aspekte des menschlichen Verhaltens und ein Hauptunterscheidungsmerkmal von Menschen zu anderen Spezies." Die Erschaffung von Kunst ist keine Handlung, die mit bestimmten Vorteilen verbunden ist. Kunst führt beispielsweise nicht zur Sicherung des Nahrungsmittelangebots - wie wir alle wissen - dennoch sagt sie so einiges über die Funktionsweise des menschlichen Gehirns aus. "Erst die Virtualität konstruiert die Wirklichkeit". Goedart Palm erörtert tiefgründig den Themenkomplex virtuelle Realität. Es geht um die Macht der "Einbildungskraft" des Menschen, der stets nach Mitteln sucht, diese in die Wirklichkeit zu übertragen. So wie in der Urzeit Figuren geschnitzt wurden, entdeckt und erschafft sich der heutige Mensch seine virtuelle Wirklichkeit per Mausklick oder lässt sich diese per Brille auf seine Netzhaut übertragen.

Das Denken in virtuellen Realitäten und die Entwicklung von Ideen. Das Bedürfnis nach sozialer Interaktion und die Fähigkeit dabei Sprache einzusetzen. All das wird von der digitalen Welt bedient! Ausserdem lernen wir, dass Adaptieren und Kopieren von Ideen eine wesentliche Rolle beim Überleben der Menschheit gespielt haben. Das ist in der Wirtschaft genauso! Von einer evolutionären Betrachtungsweise hergeleitet, zeigt sich die Macht des digitalen Mediums. Wir können davon ausgehen, dass die durchschnittliche Nutzungszeit im Internet noch weiter steigen wird. 24 / 7 in der Matrix wird keine Utopie bleiben.


Die tägliche Internetnutzung stieg von 46 Minuten im Jahr 2002 auf 4 Stunden im Jahr 2012 -- Im gleichen Zeitraum stieg der Anteil der Weltbevölkerung mit Internetzugang von 9,1% auf 33%. -- Die Anzahl der Webseiten stieg von 3 Mio. auf 555 Mio.

Die Menschheit hat bis zum Jahr 2003 gebraucht, um 5 Milliarden Gigabyte Daten zu generieren. Aktuell benötigen wir dazu 2 Tage und ab 2014 nur noch 10 Minuten.

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